Der Garten der Lüste

Oper über Leben und Werk des Hieronymus Bosch
von Franz Hummel (Musik) und Wolfgang Haendeler (Idee und Libretto)
nach dem gleichnamigen Roman von John Vermeulen (Diogenes Verlag)
Frei zur Uraufführung

Kunst für die Ewigkeit
Hieronymus Bosch: Seine Bilder umspannen Himmel und Hölle, zeigen die Erde als Schauplatz bizarrer apokalyptischer Schrecken oder unschuldiger paradiesischer Sphären, sind mystische Erhöhung oder verhöhnende Entlarvung der am Ausgang des Mittelalters verunsicherten Christenheit. Im Jahre 2016 wird ihn sein Name um 500 Jahre überdauert haben. Sein Werk wird nicht aufhören, für kunsthistorische und theologische Kontroversen zu sorgen. Doch zuvor wird er etwas, das er noch nie war: ein Opernheld.

Wer war Bosch?
Ein Romanheld ist er schon mehrfach gewesen. Und das, obgleich das historische Material über ihn so dünn gesät ist, dass sich jede fiktive Biografie zwangsläufig im Spekulativen bewegen muss. Wer war Bosch? Ein frommer Diener seiner kirchlichen Brotherren oder „ein Ketzer, der dem Scheiterhaufen nur deswegen entging, weil er als namhafter Künstler und wohlhabender Mann gewisse Privilegien genoss“, wie es der belgische Romancier John Vermeulen im Vorwort seines Romans Der Garten der Lüste vermutet?

Der Roman: Das Abenteuer, ein freier Geist zu sein
Vermeulen selbst blieb die Antwort nicht schuldig. In seinem 2001 in den Niederlanden und 2002 in der deutschen Übersetzung beim Diogenes Verlag erschienen Bosch-Roman erzählt er auf 592 Seiten „von den Abenteuern, ein freier Geist zu sein“ (Hans-Dieter Grünefeld im „Rheinischen Merkur“). Er entwirft das Lebensbild eines mutigen und unversöhnlichen Künstlers, dessen eigene „Zentralperspektive“ in der Revolte liegen muss. Können doch die drei traditionellen Autoritätsinstanzen – Familie, Heimat und Kirche – seine Fragen zu Gott und der Welt nicht mehr beantworten, wollen dies aber um keinen Preis zugeben. Mehr noch: Das Fragen wird nun selbst „befragt“, der Fragende zum Außenseiter, zum Heimatlosen und zum Feind – der Inquisition.

Die Oper: Der Maler, seine Schwester und der Inquisitor
Wie der Roman verfolgt die Oper Boschs „Aufbruch in die Neuzeit“ von dessen Kindheit an bis zu dem 50. Geburtstag des Malers. In fünf Akten mit jeweils fünf Szenen werden die großen Lebensthemen Boschs veranschaulicht: Glaube oder Aberglaube (Akt I),  künstlerischer Selbstausdruck und sexuelle Selbstfindung
(Akt II), Schuld, Verfolgung und Todeserfahrung (Akt III), Utopie und Widerstand (Akt IV) sowie Kampf und Rettung (Akt V). Außer Bosch beherrschen zwei zentrale Figuren die Szene: Seine ältere Schwester Herberta, eine Rebellin par excellence, die ihm das Zweifeln beibringt, das Malen lehrt und ihn in die Welt der Liebe einführt. Das Band zwischen den Geschwistern wird auch durch Boschs spätere Heirat nicht zerschnitten. Erst die Inquisition, die Herberta als Hexe anklagt, foltert und mordet, trennt die Geschwister. Ihr Mörder ist der dritte im Bunde: Jakob Sprenger, der nach ’s-Hertogenbosch beorderte Inquisitor. In seinem wahnbesessenen Eifer, erst Herberta und dann Bosch der Ketzerei und Unzucht zu überführen, entwickelt er eine Grausamkeit, die ihn selbst zum Dämon einer ganzen Stadt werden lässt.

Ein Werk für unsere Zeit
Mit der Uraufführung bis zum Jahr 2016 wird die Oper Der Garten der Lüste auf das Jubiläumsjahr 2016 – 500. Todestag von Hieronymus Bosch – unüberhörbar hinweisen! Das weltberühmte Gemälde, das der Oper seinen Namen gibt, hängt heute im Prado in Madrid. Hier wurde erst 1975 jene unheilvolle Allianz aus Staat und Kirche beendet, welche die aus der Neuzeit hervorgegangen humanistischen Freiheits- und Menschenrechte so lange negiert hatte. Wie sehr religiöser Fanatismus dieses „humanistische Weltkulturerbe“ auch noch heute zu bedrohen vermag, zeigten im neuen Jahrtausend nicht nur die islamistischen „Al Quaida“-Attentäter bei ihren Anschlägen vom 11. September 2001, sondern auch die Exzesse, die der „Krieg gegen den Terror“ in Guantanamo und Abu Ghraib unter der politischen Führung „wiedergeborener Christen“ annahm. Ob wir „keinen Gott brauchen“, wie es 2005 der französische Philosoph Michel Onfray in seiner atheistischen Streitschrift formulierte, sei dahingestellt. Was wir aber brauchen, sind Menschen, die es wagen, selbstbestimmt und angstfrei zu denken, zu leben und zu lieben – so wie einst vermutlich Hieronymus Bosch.  

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